Alexander-von-Humboldt-Schule-Viernheim auf den Spuren deutscher und europäischer Geschichte
Die Schülerinnen und Schüler der AvH durften in der vergangenen Woche an zwei interessanten historischen Exkursionen teilnehmen. So besuchten vier Klassen der Jahrgangsstufe 10 aus dem Realschul- und Gymnasialzweig am Dienstag, den 04.06.2019 die Gedenkstätte Buchenwald. Am Donnerstag, den 06.06.2019 erkundeten drei Realschulklassen der Jahrgangsstufe 9 das ehemalige Schlachtfeld von Verdun in Frankreich.
Buchenwald/Weimar
Um 5.45 Uhr trafen sich am Dienstag, den 04.06.2019 die Schülerinnen und Schüler sowie die leitenden Lehrkräfte Herr Clausen, Frau Geistlich, Frau Kelso und Herr Lottes, um bei hochsommerlichen Temperaturen den langen Weg nach Thüringen anzutreten und sich mit der Gedenkstätte Buchenwald einem Ort zu widmen, der ein wichtiger Teil des KZ-Systems der Nationalsozialisten war. Begleitet wurde die Reisegruppe von dem aus Israel stammenden Avi Daniel, dessen Familiengeschichte in schrecklicher Weise mit dem Konzentrationslager Buchenwald verbunden ist.
Das Haupttor von Buchenwald
Die Schülergruppe aus Viernheim erreichte um 10.30 Uhr das Gedenkstättengelände und bekam durch ihre Lehrkräfte eine kurze inhaltliche Einführung, die durch einen halbstündigen Film im Kino der Gedenkstätte unterstützt und vertieft wurde. Danach begab sich die Gruppe auf eine ausgedehnte Exkursion in das ehemalige Lagergelände. Die ersten Stationen waren der Weg zum Hauptlager, das berühmte Eingangstor sowie der sogenannte Bunker, ein unter den Häftlingen besonders berüchtigter und schlimmer Ort, der für alle Formen von Folter, Erniedrigung und Einzelhaft genutzt wurde. Auf dem Appellplatz wurde besonders die von ehemaligen Häftlingen angebrachte Gedenkplatte in den Fokus genommen, da hier alle Nationen vermerkt wurden, die durch Häftlinge in Buchenwald repräsentiert sind. Neben dem Krematorium, dem Strangulationskeller und der nachempfundenen Erschießungsanlage für sowjetische Kriegsgefangene, waren die Schülerinnen und Schüler ein weiteres Mal von dem Zynismus der Lagerverwaltung und der SS schockiert. So mussten die Häftlinge, die permanenten, lebensbedrohlichen Hunger litten, mit ansehen, wie sich die Familien von SS-Angehörigen im direkt an den Lagerzaun gelegen Privatzoo vergnügten und dort die Tiere mit Lebensmitteln versorgten, für die im Lager getötet wurde. Auch die Innenschrift des Haupttores „Jedem das Seine“ wurde von den Schülerinnen und Schülern lange diskutiert und in ihrer Menschverachtung richtig gedeutet.
Das Krematorium von Buchenwald
Nach einer etwa zweistündigen Führung bei Temperaturen jenseits der 30 Grad standen eine kurze Stadtführung in Weimar sowie ein wenig Freizeit für einen Imbiss oder ein Eis auf dem Programm. Die Stadtführung wurde auf das deutsche Nationaltheater als Gründungsort der „Weimarer Republik“ sowie das Schiller- und Goethehaus beschränkt.
Um 15.30 Uhr wurde die Rückfahrt angetreten und verlief weitestgehend staufrei, so dass Viernheim wieder gegen 20 Uhr erreicht wurde. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die Hin- und Rückreise für einen Tag eine Herausforderung dargestellt hat, aber das Ziel Buchenwald/Weimar mit seiner Komplexität und Dualität zwischen Hochkultur und maximalen Kulturbruch es wert war. Das Organisationsteam wird die Exkursion in dieser Form für die nächste Schülergeneration voraussichtlich wieder anbieten.
Verdun
Am Donnerstag, den 06.06.2019 startete die Erkundung des Schlachtfeldes von Verdun unter Leitung von Herrn Clausen, Herrn Lottes, Frau Paßkowski und Frau Brabez um 6.45 Uhr in Viernheim. Diese Exkursion wird bereits seit Jahren mit großem Erfolg an der AvH angeboten und trotz der langen Wegstrecke freuten sich sowohl Schülerinnen und Schüler als auch das Team der Lehrkräfte auf diesen Tag.
Um 11 Uhr erreichte die Reisegruppe die französische Stadt Verdun – ein Ort, der die lebendige Geschichte des Ersten Weltkrieges veranschaulicht. Der erste Programmpunkt war das eindrucksvolle Nationalmuseum von Verdun, das viele originale Exponate ausstellt und ein plastisches Bild der Vergangenheit vermittelt. Besonders die Abteilung, die sich mit den physischen und psychischen Folgen des Krieges auseinandersetzt, beeindruckte alle Beteiligten sehr und schockierte durch die kompromisslosen Bilder von Kriegsverletzungen.
Als nächstes wurden das Gebeinhaus von Douaumant sowie der angrenzende Soldatenfriedhof besichtigt. Das Gebeinhaus beherbergt mittlerweile die Knochen von 130.000 Gefallenen französischen und deutschen Soldaten. Diese unfassbare Ansammlung an Gefallenen sowie die Berge von Schädeln, Knochen und das endlose Meer der weißen Kreuze machen diesen Ort zu einem Mahnmal für die Schrecken und Opfer des Krieges. Auch die Gedenkstätten für die gefallenen jüdischen Soldaten, die sowohl als französische als auch als deutsche Soldaten an der Schlacht teilnahmen, sowie das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten muslimischen Glaubens, die als Mitglieder der französischen Kolonialtruppen ihren Blutzoll verrichten mussten, wurden besucht und erläutert.
Unterhalb des großen Soldatenfriedhofs, in einer durch die endlosen Granateinschläge immer noch gezeichneten Landschaft, erkundeten Schülerinnen und Schüler mit dem Lehrerteam eine ausgebaute Stellung, die während der Schlacht hauptsächlich von deutschen Soldaten benutzt wurde. Vor dem Eingang des ehemaligen Bunkers, der sowohl Führungsstäbe beherbergte als auch als Schlafstätte für erschöpfte Soldaten und als Lazarett für Schwerstverwundete diente, las Herr Lottes aus einem Schulbuch des Jahres 1916 einen Text mit dem Titel „Die Rose des Kaisers“ vor. Der Text glorifiziert in der damals üblichen Art den Heldentod für Kaiser und Vaterland, doch angesichts der alten Stellung und des immer noch spürbaren Schreckens dieses Ortes wurde die Intention des Verfassers von vor über 100 Jahren ad absurdum geführt.
Herr Lottes liest „Die Rose des Kaisers“ |
Das Fort Douaumant
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Als letzter Punkt der Exkursion stand eine Besichtigung des großen Forts von Douaumont auf dem Programm. Auf diese Stellung gingen während der Schlacht über 400.000 Granaten aller Kaliber nieder und sowohl das Fort als auch die umliegende Landschaft ist von diesen Ereignissen immer noch gezeichnet und geprägt. Die Enge, die Feuchtigkeit und der deutsche Soldatenfriedhof innerhalb des Forts vermitteln immer noch ein plastisches Bild der Geschehnisse und lassen jeden Besucher mit ganz eigenen Emotionen zurück. Für viele Schülerinnen und Schüler war das Fort Douaumant der eindrucksvollste Ort der gesamten Exkursion.
Am Nachmittag erhielten die Exkursionsteilnehmer noch einmal die Möglichkeit, sich in der Stadt Verdun auf eigenen Wegen zu bewegen und sich in den zahlreichen Bistrots zu stärken. Gegen 20.30 Uhr kamen alle wieder wohlbehalten in Viernheim an.
Beide Exkursionen gaben unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, Geschichte am Ort der Handlung zu erfahren und somit einen anderen Zugang zu diesen Ereignissen zu bekommen als es durch eine rein auf den Unterricht reduzierte Behandlung möglich gewesen wäre.