Suchtprävention in der Alexander-von-Humboldt-Schule (Literarischer Herbst)
Daniel Gebhart aus Landau hat ein ergreifendes Buch geschrieben über sein Leben, seine Sucht und wie er es geschafft hat aus dem Sumpf mit Alkohol, Cannabis, Heroin, Ecstasy, LSD, Kokain und Amphetaminen ein normales Leben zu führen. „Strassenstaub“ ist sein Buch, seine Biographie, seine Geschichte, die er in der Humboldt-Bibliothek der Alexander-von-Humboldt-Schule präsentiert. Er spürt heute noch die Spätfolgen seines Missbrauchs. Er liest und erzählt im Wechsel über diese einschneidende Erfahrung und er weiß, von was er redet. Während der Lesung vor den 9ten Klassen ist es still, denn er ist authentisch und fesselnd. Er möchte nicht belehren, sondern in Augenhöhe mit den Jugendlichen über diesen gravierenden Lebensabschnitt informieren.
Mit 10 Jahren begann er mit Alkohol, mit 12 konsumierte er Cannabis und schwänzte die Schule, wurde gewalttätig und nach der Trennung der Eltern kam er ins Heim. Aus dem Heim wurde er rausgeworfen und lebte auf der Straße, bis seine Mutter ihm eine neue Chance gab. Sie besorgte ihm eine Wohnung, er musste ihr im Gegenzug versprechen, eine Lehre zu beginnen und startete mit der Ausbildung zum Koch. Er brach die Ausbildung ab, geriet wieder in sein altes Drogenmuster zurück mit zusätzlichen Geldproblemen und wurde zum Dealer. Er verliebte sich in dieser schweren Zeit und als seine Freundin ungewollt schwanger wurde, beschlossen beide aus diesem Teufelskreis auszusteigen. Er begann eine Ausbildung in einer Konditorei und dank seiner Tochter hielt er durch. In seinem Buch kann man nachlesen, wie ihn sein übermäßiger Drogenkonsum zu einer Psychose, zu Panikattacken und Angstzuständen führte. Es war für ihn die Hölle. Heute, mit 36, sagt er, dass seine Tochter ihm das Leben gerettet hat. Während Corona hat er in 1 ½ Jahren sein Buch geschrieben. Er möchte was für die Jugend tun, deswegen sind ihm die Lesungen in den Schulen am wichtigsten.
Vier 9. Klassen also insg. knapp 100 Schülerinnen und Schüler bereiteten sich intensiv in mehreren Unterrichtseinheiten auf das Treffen mit dem Autor Daniel Gebhart vor. Gemeinsam mit ihren Klassenlehrern und mit Unterstützung von Lehrerin Carolin Berg, der Suchtpräventionsbeauftragten der AvH, und Sozialpädagogen Lars Prechtl, Jugendförderung der Stadt Viernheim, beschäftigten sich die Schüler und Schülerinnen mit Themen rund um den Drogen- und Suchtmittelkonsum, den Ursachen und Folgen und vor allem, wie man sich und andere vor den Gefahren schützen kann. In einem vertrauensvollen Rahmen konnten deshalb auch brisante und ernste Themen miteinander besprochen werden. Wer hat selbst schon Erfahrungen mit Suchtmitteln gemacht, was sind überhaupt Suchtmittel, wer ist betroffen und warum, ab wann spricht man von einer Sucht und wie kann ich mich und andere davor schützen, waren nur einige Fragen, die die Schüler interessierte. Parallel lasen die Schüler einzelne Kapitel aus dem Tagebuch von Daniel Gebhart, diskutierten angeregt darüber, verglichen Szenen aus dem Buch mit eignen Erfahrungen, suchten nach Lösungen und Antworten auf schwierige Fragen, sprachen über ihre Gefühle und Ängste.
Zusammen kamen alle Beteiligten zu dem Schluss, dass der beste Schutz vor Sucht und Drogen neben dem Wissen darüber ein gutes Selbstbewusstsein ist, nein sagen zu können, Mut und Verantwortungsbewusstsein zu besitzen, um sich selbst und andere zu schützen, seine Stärken zu kennen aber auch um seine Schwächen Bescheid zu wissen. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass es sich lohnt, an persönlichen Schwächen zu arbeiten und dass sie sich dabei gegenseitig unterstützen können. Verantwortung für sich übernehmen und anderen Hilfe bei täglichen Herausforderungen anzubieten kann den Schutz vor schlechten und negativen Einflüssen stärken. Dass dieser Schutzschirm von niemandem allein getragen werden kann und solch ein Schutzschirm nicht in die Wiege gelegt wird, sondern der Mithilfe und Unterstützung von Familie, Freunden, Lehrern, Klassen- oder Vereinsgemeinschaft bedarf und er nur gemeinsam aufgespannt werden kann wurde allen Projektbeteiligten in den vier Wochen sehr deutlich.
Ermöglicht wurde das Projekt über das Europaschulprogramm der AvH und dem ehrenamtlichen Einsatz der Bibliotheksmitarbeiterinnen an der AvH.
Info: Daniel Gebhart: „Strassenstaub“ 235 Seiten 11,90 Euro
Lesungen und Projekt „Strassenstaub“ unter https://strassenstaub.de
Suchtprävention an der AvH – Schule und Gesundheit, Ansprechpartner Lehrerin Carolin Berg und Sozialpädagoge Lars Prechtl, Jugendförderung im Stadtteil Ost sowie die Fachstelle für Drogen- und Suchtberatung PRISMA der AWO Kreis Bergstraße